Zwischenbericht der WFDF SotG-Task Force

WFDF-.LogoIm vergangenen Herbst hat der Flugscheiben-Weltverband WFDF (World Flying Disc Federation) eine Arbeitsgruppe eingesetzt, um den Stellenwert des Spirit of the Game im Ultimate Frisbee zu untersuchen. Der SotG beschreibt in Paragraf 1 des Regelwerks die Fairplay-Grundeinstellung, die es ermöglicht, den Teamsport in Eigenverantwortung der Spieler zu regulieren, ohne externe Schiedsrichter hinzuzuziehen. Nun hat die Task Force einen Zwischenbericht veröffentlicht.

Hintergrund der Untersuchung sind Diskussionen über das Verhalten einzelner Spieler auf Weltmeisterschaften, die die für die Klärung eines Sachverhalts vorgesehene Zeit deutlich überschreiten, sowie Diskussionen über die Einführung von Schiedsrichtern in zwei Profiligen in den USA (AUDL und MLU), die damit die Eigenverantwortung der Spieler aushebeln mit dem Ziel, dass der Sport besser vermarktbar sein soll.

In der 12-köpfigen Arbeitsgruppe unter dem Vorsitz des Australiers Rueben Berg, Vorsitzender des WFDF Ultimate-Regelkomitee, ist auch Valeska Schacht aus Deutschland, die sich zudem in der WFDF-Kommission „Frauen im Sport“ engagiert. Weitere Teilnehmer sind WFDF-Präsdient Robert „Nob“ Rauch, der WFDF Ultimate-Vorsitzende Si Hill aus Großbritannien und sein Stellverteter Will Deaver aus den USA sowie der Vorsitzende des WFDF Ultimate Championships-Komitees Brian Gisel aus Kanada.

Ziele: einheitliche Anwendung, erweiterter Lehrbaukasten

WFDF-Spirited-LogoDie beiden Ziele der Arbeitsgruppe sind sich über die WFDF-Definition des Spirit of the Game nochmals rückzuversichern, indem Programme zur klareren und einheitlicheren Anwendung entwickelt und ausgebaut werden, sowie die Frage zu beantworten, wie der WFDF sicherstellen will, dass die Athleten selbstbestimmt und fair agieren auf eine Weise, die auch bei den Zuschauern gut nachvollziehbar ist und ankommt. Die Empfehlung der Arbeitsgruppe soll möglichst noch in diesem Frühjahr erfolgen, damit sie bereits zu den Junioren- und den Club-Ultimate Weltmeisterschaften im Juli und im August am Comer See umgesetzt werden können.

In der Pressemitteilung zur Gründung der Gruppe steht eine zentrale Passage, wonach das zweite Ziel nicht mit der Frage verwechselt werden sollte, ob der WFDF sogenannte Observer einsetzen möchte (Spielbeobachter mit gewissem Einfluss auf die Entscheidungsfindung, wie sie der Verband USA Ultimate seit den 1980-er Jahren einsetzt). Die Partien bei internationalen Meisterschaften sollten vielmehr die positiven Qualitäten der Spielerkontrolle herausstellen wie Fairplay, persönliche Verantwortung und Kommunikation, wobei das negative Potenzial des Fehlverhaltens diese positiven Aspekte nicht überschatten soll.

Nichtsdestoweniger wäre es fahrlässig, die in den vergangenen Dekaden von USA Ultimate gesammelten Erfahrungen mit dem Observer-System nicht zu berücksichtigen. Die Arbeitsgruppe hat seither einige Schritte unternommen, um zu einer Beurteilung der Sachlage zu gelangen: auf die gegenseitige Vorstellung folgte ein Bericht des WFDF SotG-Komitees, die Mitglieder untersuchten die bestehenden Systeme der Selbstregulierung, sichteten Filmmaterial von Spielen mit und ohne Observer und brachten eine Umfrage dazu auf den Weg.

HandshakeVor- und Nachteile der erprobten Systeme von WFDF und USAU

Daraus ergab sich eine vorläufige Liste von Vor- und Nachteilen der Selbstregulierungs-Systeme von WFDF und USA Ultimate (USAU). Das WFDF System ist leicht nachvollziehbar, einzigartig und funktioniert in den meisten Fällen. Dennoch kann es zu unangenehmen Spielverzögerungen führen. Es funktioniert nicht, wenn Spieler absichtlich betrügen. Das Observer-System von USAU dagegen kann falsche Entscheidungen und absichtliches Betrügen umstoßen, wobei es den Spielern weitgehende Eigenverantwortung überlässt. Auch das Zeitmanagement funktioniert besser. Gleichwohl entfernt es etwas Eigenverantwortung, um das Vorrecht der Moral einzuhalten und erfordert zusätzliches Personal, das entsprechend eingelernt werden muss.

Die vorläufigen Ergebnisse der Umfrage unter den Task Force-Mitgliedern ergab,

dass die Spieler bevorzugt einzig verantwortlich für das Rufen von Foul, Travel und Pick Calls bleiben sollten,

dass es für Spieler hilfreich sein könnte, wenn WFDF-Offizielle als Ratgeber in Bezug auf Linienfragen und Diskussionen auf dem Feld fungieren,

dass ein WFDF-Offizieller geeigneter Ansprechpartner für Fragen zum Spiel- und Zeitmanagement sein könnte, wie „Offside“ (Übertritte beim Anwurf) und Strafen für das Überschreiten von Zeitlimits,

dass ein Betrugsrisiko leichter unterbunden werden könnte, wenn WFDF-Offizielle eine direktere Verbindung zur Regelgruppe des Turniers hätten (Tournament Rules Group).

Der Begriff „Offizieller“ muss dabei keineswegs den Rollen der bisher bestehenden WFDF-Linienassistenten, der Zeit- und Punkte-Aufseher noch der Observer bei USAU entsprechen. Infolge der ersten Ergebnisse erschien eine Anpassung des derzeitigen WFDF-Systems möglich, damit die Ultimate-Spieler weiterhin fair und eigenverantwortlich mit- und gegeneinander spielen, unter Beibehaltung der Schlüsselaspekte des Spirit of the Game und auf eine Weise, die auch für Zuschauer attraktiv und nachvollziehbar ist.

Vorläufige Vorschläge der Task Force

Für das erste Ziel unterstützt die Arbeitsgruppe zum jetzigen Zeitpunkt die Arbeit des WFDF SOTG-Komitees, die es insbesondere in den Bereichen der Ausbildung und der Rückmeldungen durch das Spirit-Bewertungssystem leistet. Für das zweite Ziel empfiehlt die Arbeitsgruppe zum jetzigen Zeitpunkt einige Anpassungen der WFDF-Regulierungsprozesse (die jedoch durchaus zu einem anderen Ergebnis als zu den bei USAU üblichen Prozessen führen können). Die Task Force schlägt vor, die Anpassungen schrittweise vorzunehmen, sodass die ersten Änderungen noch bis zu den diesjährigen Junioren- und Club Ultimate-Weltmeisterschaften umgesetzt werden könnten.

Bis Ende Juni wird die Arbeitsgruppe nun eine detaillierte Liste der Empfehlungen ausarbeiten, unter dem Gesichtspunkt, dass die Änderungen noch im Anhang zu den WFDF Ultimate-Regeln (WFDF Rules of Ultimate Appendix) aufgenommen werden können, die auch die Rolle und den Aufbau der Regelgruppe des Turniers (Tournament Rules Group) betreffen. Dabei wird die Task Force auch die Auswirkungen der an Fahrt gewinnenden Olympischen Bewegung und der zunehmenden kommerziellen Entwicklung des Sportes berücksichtigen. Demgegenüber sollen jedoch ausdrücklich die Schlüsselaspekte geschützt und herausgestellt werden, die den Spirit of the Game sichtbar werden lassen.

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