Von „Up!“ bis „Blockstapel TV“

Ed-am-MikeFrisbee-Berichterstattung in den Medien im Wandel der Zeit

Es war einmal, vor langer Zeit, da begann ich in Schottland mit Ultimate. Das war 1997/98 in Edinburgh bei den Sneeekeys. So kam ich zu diesem Sport. Mein Interesse war geweckt, besonders natürlich an aktuellen Ergebnissen bei wichtigen, großen Turnieren – bei denen ich viele Spieler persönlich kannte. Von Ed Glindemann

Im Jahr 1999 war ich wieder in Schottland, Freunde besuchen, die World Club Championships in St.Andrews als nette Begleiterscheinung. Da saß ich nun in Edinburgh in zugegeben frühen Zeiten des Internets vorm Rechner und konnte es nicht fassen, dass die Spiel-Ergebnisse drei Tage und mehr brauchten, um hier zu erscheinen. Also fuhr ich kurz hin und bot dem Turnier-Newsletter-Team meine Hilfe bei der zeitnahen Übermittlung der Ergebnisse an. „Kein Bedarf!“ hieß es, wir schaffen das schon. Es wurde natürlich nicht besser, sondern sogar noch schlimmer. Ob es an den Parties, Doppelbelastungen oder zu vielen Nachtschichten der ehrenamtlichen Helfer lag weiß ich nicht, wahrscheinlich von allem etwas.

Ich beschloss, dass wir das besser hinbekommen müssen, 2000 bei den Weltmeisterschaften in Heilbronn. Also bewarb ich mich schon im Vorfeld beim (Mit-)Ausrichter, einer privaten Medienfirma (Xmedia) als freiwilliger Mitarbeiter. Die waren fast alle Nicht-Ultimater, was leider für viele Reibungsverluste und einigen Ärger sorgte, immerhin haben die was gemacht. De facto liefen während der WM alle Scoresheets bei mir als erstes ein, teilweise per Funk, und ich machte mindestens alle zwei Stunden ein HTML-basiertes, handgestricktes Update der schlichten Scores. Kein Schnickschnack. Nur Info. Thomas Griesbaum, der damalige DFV Präsident hatte die Ressourcen und zeitweilig sogar eine Webcam vom Organisationsbüro laufen (und die Daten bis heute bestimmt noch aufbewahrt!).

WGUC2000-HN-LogoEin Premium-Partner der WM war eine lokale Zeitung der Region, die mich damals auf meinem Diensthandy (das war damals neu und toll!) ständig zu den unpassendsten Momenten (Redaktiosschlüsse) anriefen und Ergebnisse wollten.

Es gab eine aus meinen Augen recht professionell geführte PR-Abteilung unter Claas Michaelis, mit Akkreditierungen, Ausweisen, Führungen und Interviewpartner Vermittlung. Aber das, was ich wirklich vor Ort auflaufen sah, waren (trotz Fußball-Bundesliga Spielpause im Sommer) immer nur dritt- oder viertklassige Formate an Journalisten bzw. Sendungen. Das ZDF-Morgenmagazin „Volle Kanne Susanne“ war da schon was richtig Tolles. Im Open Finale gab es die Partie Schweden vs USA, und die stellten ihre Kameras mit dem Rücken zum Spielfeld auf, wo das beste Ultimate gezeigt wurde was man hätte filmen können, und drehten entlang der Storyline „Ufos in Heilbronn? Menschen mit blauer und gelber Gesichtsfarbe? Nein, es sind nur die schwedischen Fans und Plastikscheiben in der Luft, haha!“. Wirkliche realistische, fachliche und überzeugende Berichterstattung habe ich nicht wahrgenommen. Also Sportschau (ARD), aktuelles Sportstudio (ZDF), solche Sachen.

Natürlich taucht Frisbeesport in den (Print-)Medien in diesen Sommerpausen des Fußballs immer gerne mal auf, auch in größeren Formaten (alle großen Zeitungen, Magazine wie Fit for Fun, Men’s Health usw., Lokalzeitungen und Lokalsender TV und Radio). Als 1. Vorsitzender des zahlenmäßig inzwischen mitgliederstärksten Frisbeevereins Deutschlands und ansässig in der Medienstadt Hamburg kamen bei mir 10 Jahre lang jedes Jahr ca. 5-10 Presse-Anfragen und entsprechende Beiträge. Das waren aber fast jedes Mal Volontäre, die ein neues Feld bearbeiteten um auf den Durchbruch zu hoffen, mal etwas ganz Neues, Schräges zu filmen. Keine dauerhaften Kontakte, so dass zu den EMs und WMs regelmäßig Spielstände und Platzierungen lanciert werden konnten, wie ich mir das vorgestellt hatte. Da steht dann mal was, wenn es ein aktuelles Turnier in der Stadt gibt, 2003 hatten wir die DM zu Gast bei uns, da war es dann auch etwas mehr. Aber – und wer meinen Artikel bis hier ließt, dem traue ich zu selbiges in seiner Region durchgemacht zu haben – man muss jedes Mal freundlich von vorne beginnen, die gleichen (teilweise blöden) Fragen beantworten und dived sich unter Umständen vor amateurhaften Fotografen die Knie blutig, nur um am Ende enttäuscht auf Seite 27 in einem kleinen Textfeld falsch zitiert zu werden. Von dem Redakteur hört man dann auch nie wieder etwas, das Belegexemplar muss man sich doch selber kaufen.

WG2005-logoWo wir schon so weit von aktuellen Frisbee-Ergebnissen hin zur Medienpräsenz abgedriftet sind fällt mir noch ein Beispiel aus der Zeit Anfang der 2000er Jahre ein, als in der Ultimate Szene ein groß angekündigtes Sponsoring / Partnership von MTV bei Paganello (internationales Beach Ultimate Mekka in Rimini, Italien) angekündigt worden war. Naja, der Spot war eher ein Reinfall von 90 Sekunden, zwei nichtssagende Interviews mit Freestylern und dem obligatorischen Hund. Schade. Dafür hatten der Moderator und seine Teamkameradinnen bei allen Veranstaltungen des Turniers wohl ihren Spaß gehabt, so sie denn gesehen wurden. Jedenfalls bescherte just dieser wirklich schlechte Beitrag einen Termin bei einem Sponsoring-Partner (einem Internet Startup) in Hamburg, da die Chefin den Beitrag gesehen und unseren Sport in diesem Zusammenhang als „in und hip“ erachtet hatte. Vielleicht mochten sie und ihre Kolleginnen auch nur meinen Körper oder mein Auftreten; ich habe jedenfalls mitgeflirtet und meinen Teil der vielen „verbrannten“ Millionen der Internet-Blase abgegriffen, bevor diese platzte. Und auch wenn es wohl eher Peanuts waren, konnte ich bei meinen zwei Besuchen kaum wegtragen, was ich bekam: 100 coole und vereinskompatible T-Shirts, Tonnen von Aufklebern des selben Logos (Clickfish à Fischbees), Mousepads, Kapuzenpullis, Lollies, Caps, usw. – Merchandise, das für ein Jahr und länger reichte.

Dass der Kraftstoff der Tankstelle ARAL nach unserer Sportart ULTIMATE benannt wurde, dürfte dem geneigten Leser auch nicht entgangen sein, jedenfalls gab es davon Fahnen, Poster, T-Shirts und Vieles mehr, was meines Wissens nach nur sporadisch bei einigen kleineren Turnieren zu Synergien geführt hatte.

DM06-GermanwingsBesser klappte da schon die Zusammenarbeit zwischen einem Fluganbieter und den Disc Days Cologne, wo ein Frisbee-spezifisches Motiv (Phillis beim Diven in Paganello) in die bestehende und bekannte Werbeserie / Werbestrategie mit eingebaut wurde.

Jetzt bin ich beim Bereich Frisbee und Werbung angekommen, zu dem ich einen ganzen Ordner von unserem Vereinsältesten überreicht bekommen hatte, der in den 80ern jeden Schnipsel gesammelt hatte. Allein darüber (Werbewert und Werbewirksamkeit der fliegenden Scheibe) und dessen Auswertung könnte man eine Diplomarbeit schreiben (vgl. dazu auch die Pressespiegel auf der Dokumenteseite unten rechts, Anm.d.Red.).

Um den Bogen zu schließen: Heutzutage schalte ich bei machen Turnieren (zuletzt EM in Maribor) den Livestream ein und kann die Ergebnisse live mitverfolgen, meine Freunde und Bekannten punkten und jubeln sehen, mit Livekommentar der beiden Ultimate-TV Pioniere Steve Giguere und Tom Styles (Blockstack TV), die mit ihrem Internetkanal Meilensteine für unsere kleine Gemeinschaft der Frisbeesportler gelegt haben. Schön auch die Deutsche witzige Adaption „Blockstapel TV“. Der Fortschritt der Entwicklung Medien macht es möglich. Alles klein und mobil und dabei und flatrate im stream. Sogar über Facebook wird man als vernetzter User inzwischen gut informiert. Da haben alte Formate keine Chance mehr, erinnert sei nostalgisch an die „Up!“, einem deutschen Ultimate Printerzeugnis, der „Chasing Plastic“ und „Ultimate Life“, amerikanische Magazine, die allesamt wieder eingestellt wurden. Ich kenne einige, die farbige Hochglanzmagazine über Ultimate kaufen würden, scheinen leider nicht genug zu sein. Freue ich mich auf die DFV-Foto-Jahrbücher!

An dieser Stelle ein Dank an alle unermüdlichen Knipser, die ihre Bilder veröffentlichen und so vielen Leuten Spaß und Freude daran bereiten. Hiermit endet mein Artikel, ich hoffe er war unterhaltsam. Der nächste wird heißen: „ Was ist das perfekte Ultimate-Motiv für ein aussagekräftiges Foto unseres Sports?!“ Jeder wird es schon mal einzufangen versucht haben. Wäre eine schöne Fotostrecke mehrerer Leser draus zu basteln…

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