Ultimate-EM startet in Kopenhagen
In der letzten Juliwoche beginnt die Ultimate-EM der Erwachsenen in Kopenhagen. Am Montag 27. Juli 2015 startet um 16:00 Uhr die Eröffnungsfeier, gefolgt vom Spiel Dänemark gegen Schweden in der Open-Division. Aus Deutschland sind in allen fünf Divisionen Nationalteams dabei (Open, Frauen, Mixed, Masters, Frauen Masters). Die deutschen Frauen sind Titelverteidiger, die deutschen Männer hatten vor vier Jahren in Maribor, Slovenien, Bronze gewonnen.
Das Open-Team unter dem Namen „Inside Rakete“ nahm Anfang Juli an den US Open im amerikanischen Cincinnati teil und spielte dort gegen 11 der besten Teams der Welt (siehe dazu das Interview mit Trainer Stefan Rekitt). Hier folgt das Interview mit zwei Heidelberger Spielern, die in den USA dabei waren und nun auch bei der EM in Kopenhagen antreten. Rainer Beha ist einer von fünf Captains des Open Nationalteams und Martin „Aze“ Jakob ist eines der vier Mitglieder im Spielerrat der Mannschaft (3. und 4. v.l. in der hinteren Reihe).
Ihr gehört beide mittlerweile zu den Dienstälteren in der deutschen Open-Nationalmannschaft, wart beide schon in bei der EM in Maribor und auch bei der WM in Japan dabei. Was macht das Team heute stärker als noch vor vier Jahren?
Aze: „Ich würde sagen, dass wir auch vor vier Jahren ein sehr gutes und schlagkräftiges Team waren. Aber insgesamt ist das Niveau in Deutschland in der Zwischenzeit angestiegen. Der Input aus dem Nationalteam dringt zu vielen Clubmannschaften durch, diese wiederum spielen jedes Jahr auf hochklassigen europäischen Turnieren und somit gibt es einen größeren Pool an jungen, sehr talentierten Spielern, die schon viele Erfahrungen auf dem Ultimate Feld gesammelt haben.“
Rainer: „Ich denke, es ist wirklich die Mischung aus sehr guten Einzelspielern, aber auch die weitsichtige Ausrichtung des Nationalteams, die uns jetzt stärker als noch vor einigen Jahren macht. Es ist ja nicht so, dass wir uns nur für die EM zusammengesetzt haben. Im Prinzip wurde seit der letzten EM und WM kontinuierlich mit einem mehr oder weniger fixen erweiterten Kader auf die kommenden Aufgaben hingearbeitet. Das es geklappt hat ein Projekt wie die US Open zu verwirklichen zeigt, wie viel Einsatz und Engagement Trainer und Spieler in das Team stecken.“
Ihr seid zu einem sehr stark besetzten Turnier in die USA geflogen (vgl. Facebook Fotoalbum) und mit drei Siegen und drei Niederlagen zurückgekehrt (vgl. Highlight-Video vom ersten Tag). Seid ihr überrascht, zufrieden oder enttäuscht?
Rainer: „Wahrscheinlich ein bisschen von allem. Überrascht, weil wir gegen Teams gewonnen haben, die wir bisher eigentlich nur von Youtube kennen und die zu den besten Teams der Welt gehören, wie das 15:13 im Poolspiel gegen den amtierenden US-Meister Johnny Bravo. Zufrieden, weil wir vieles richtig gemacht haben, dazu gehört zuallererst die Entscheidung, überhaupt in die USA zu fliegen, aber auch viele Dinge in den Spielen und in der Vorbereitung. Und enttäuscht sind wir auch ein wenig, weil wir Spiele teilweise nicht zu unserem Vorteil gestalten konnten, obwohl wir das bessere Team waren und wir trotz einer guten Bilanz aufgrund eines Vierervergleichs nur das Spiel um den vorletzten Platz bestreiten durften, das wir gegen die kolumbianische Auswahl gewonnen haben.“
Was war der größte Unterschied zu einem hochklassigen europäischen Turnier?
Aze: „Die Organisation des Turniers war mindestens so hochklassig wie die teilnehmenden Teams. Die Kommunikation im Vorfeld beispielsweise war immer transparent, die Felder und Spielbedingungen waren nahezu perfekt, es gab durchgängig kommentierte Showcase-Spiele und jedes einzelne Spiel wurde statistisch erfasst, inklusive Blocks und Turns. Weiterhin hatten wir die Möglichkeit, drei unserer Spiele mit Observern zu spielen. Das war für die meisten von uns eine sehr spannende Erfahrung. In diesen Spielen gab es insgesamt ein höheres Tempo, da die Observer beispielsweise auf die Zeiten zwischen Punkten und Calls achteten und somit für einen reibungslosen Spielablauf sorgten. Außerdem konnten strittige Entscheidungen durch die Anwesenheit der Observer deutlich schneller und im Interesse aller Spieler gelöst werden. Wir hatten dabei nicht das Gefühl, dass uns Spielern auf dem Feld die Eigenverantwortung genommen wurde, da die meisten Calls auch weiterhin selbständig gelöst wurden.“
Was für Erkenntnisse habt ihr von dem Turnier mit nach Deutschland gebracht?
Rainer: „Das Eindrücklichste für mich ist, dass die amerikanischen Teams und Spieler nichts Außergewöhnliches machen und wir uns, wenn wir unsere Leistung abrufen, mit diesen Teams auf Augenhöhe befinden und Spiele gewinnen können. Natürlich gibt es in den amerikanischen Teams außergewöhnliche Athleten, die spektakuläre Aktionen zeigen, doch auch diese Spieler treffen nicht immer die richtigen Entscheidungen und sind nicht unfehlbar. Für unsere Mannschaft war es wichtig zu erkennen, dass wir sowohl in der Offense als auch in der Defense mit unserer Spielweise und unseren Taktiken bestehen können und Punkte und Blocks generieren können.“
Aze: „Uns war bewusst, dass wir auf diesem Turnier ab der ersten Minute voll präsent sein mussten und hochkonzentriert unser Spiel auf den Platz bringen mussten, um gegen diese Teams bestehen zu können. Wenn wir das schaffen, können wir jeden Gegner schlagen.“
Die Reise in die USA war für das Team mit einem hohen organisatorischen und finanziellen Aufwand verbunden. War es das wert?
Rainer: „Die Reise hat sich definitiv gelohnt. Wir können unser Team nun viel besser einordnen und wissen, woran wir noch arbeiten müssen, um uns weiter zu verbessern und noch weiter zur Weltspitze aufzuschließen. An dieser Stelle möchten wir uns auch ausdrücklich bei unserem Trainer Stefan Rekitt (Foto: Mitte) bedanken, der dieses Projekt schon seit einigen Jahren vorangetrieben hat und maßgeblich an der Umsetzung beteiligt war. Das war sein Herzenswunsch und ein sehr wichtiger Schritt für das deutsche Open-Nationalteam.“
Aze: „Viele amerikanische Teams müssen ja einen ähnlichen Aufwand auf sich nehmen um zu den nationalen Turnieren zu kommen. Die US-Teams dominieren die internationalen Turniere und es ist für uns daher unumgänglich, uns regelmäßig mit diesen Mannschaften zu messen, wenn wir dieses Niveau in Deutschland bzw. Europa erreichen wollen.“
Stichwort Europa. Nun beginnen die Europameisterschaften in Kopenhagen. Hattet ihr genug Zeit zur Regeneration und konntet ihr die Erfahrungen aus den USA noch zur Feinabstimmung nutzen?
Aze: „Die Zeit zwischen diesen beiden Höhepunkten ist natürlich knapp. Körperlich konnten wir uns gut erholen und hatten zum Glück auch keine ernsteren Verletzungen zu beklagen. Für ein weiteres Trainingslager blieb jedoch keine Zeit. Obwohl bei den US Open nicht alle Spieler dabei waren, konnten wir das Turnier natürlich nutzen, um uns für die EM einzuspielen. Wir haben jeder für sich auf dem Turnier wichtige Erfahrungen gemacht und werden davon sicherlich auf der EM profitieren.“
Rainer: „Es war eine wichtige Erkenntnis, dass wir keine wesentlichen Änderungen vornehmen müssen. Vieles funktioniert auch gegen sehr starke Gegner bereits sehr gut. Es gibt also ein paar Kleinigkeiten anzupassen, aber im Wesentlichen sind wir sehr gut aufgestellt für Kopenhagen.“
Vor vier Jahren war es Bronze. Was sind eure Erwartungen und Ziele für die EM 2015?
Rainer: „Wir haben sehr viel an uns gearbeitet in den vergangenen Monaten und Jahren und sind dabei immer professioneller geworden. Wir haben uns Input von weltbekannten Trainern, Athletiktrainern und zuletzt sogar einem Sportpsychologen geholt. Es wäre also falsch zu sagen, dass wir keine hohen Erwartungen an uns und an das Turnier haben. Wir haben vor vier Jahren gezeigt, dass wir ein sehr gutes Team sind. Und ich glaube, dass wir dieses Mal sogar noch einen großen Schritt weiter sind.
Aze: „Uns ist natürlich klar, dass die Konkurrenz ebenso hart arbeitet. Wir werden uns auf unser Spiel konzentrieren und von Punkt zu Punkt und Gegner zu Gegner denken. In vielen Spielen werden wir Favoriten sein und in anderen werden wir unseren Gegnern auf Augenhöhe begegnen. Beide Situationen sind dabei eine Herausforderung auf die wir aber sehr gut vorbereitet sind.“
Damit seid ihr geschickt einer konkreten Aussage ausgewichen. Wollt ihr noch eine Platzierung in den Raum stellen?
Aze: „Nein , lieber nicht. Natürlich wollen wir ganz oben mitspielen und haben dafür auch bestimmt die Voraussetzungen.“
Schreibe einen Kommentar