Vorfreude auf die Junioren Ultimate-WM
Am Sonntag, 31. Juli 2016, beginnt im polnischen Wroclaw die Junioren Ultimate-Weltmeisterschaft in den beiden Divisionen Frauen und Männer. In diesem Beitrag äußert sich DFV-Nationaltrainer Lennart Trampe über die Gefühle, Ziele und Aussichten zu diesem Saisonhöhepunkt für die deutschen männlichen Junioren (U20).
DFV: Lennart, mit welchen Gefühlen fahrt Ihr zur Junioren Ultimate-WM? Was sind Eure Ziele?
„Wir haben riesige Vorfreude. Im Team ist eine großartige Stimmung und so ein Event ist auch ein großes Wiedersehen mit vielen alten Bekannten. Fast alle Spieler sind im vergangenen Jahr Europameister geworden in der U17 oder in der U20, einige Spieler haben vor zwei Jahren Bronze in Lecco geholt, da lautet natürlich die Devise, dass wir ganz oben mitspielen wollen.“
DFV: Du arbeitest seit Jahren eng mit Jan Thiede zusammen. Ihr habt auch beide die DFV-Trainerlizenz Stufe 1 erworben. Wie sieht Eure Aufgabenteilung aus? Und hat der Trainerlehrgang Eure Haltung beeinflusst?
„Jan kümmert sich um die Offense Line und ich kümmere mich um die Defense Line. Außerdem hatte in der Vorbereitung jeder von uns jeweils die Hälfte des Teams als Ansprechpartner. Wir haben uns vorgenommen diese Saison eine engmaschigere Betreuung zu gewährleisten, um uns besser in die einzelnen Spieler versetzen zu können. In der begrenzten Zeit im Team bleibt wenig Zeit für individuelle Themen und Gespräche und so haben wir viele Stunden am Telefon und bei Skype verbracht, um jeden Einzelnen am besten vorzubereiten und zu beraten. Den bürokratischen Teil habe ich größtenteils übernommen, wobei sich Claudia Bieber-Tuschen glücklicherweise um die Finanzen gekümmert hat. Sie verlässt uns leider nach dieser Saison und wir suchen noch dringend einen Nachfolger!
Der Trainerlehrgang hat vor allem unser Trainingslager in Münster geprägt, bei dem wir uns langsam an Taktiken herangearbeitet haben. Einige Grundlagen aus dem Lehrgang bilden nun die Basis zu unseren ausgearbeiteten Taktiken.“
DFV: Im Vorjahr gab es den EM-Titel in Frankfurt, im Jahr zuvor den 3. Platz bei der WM in Lecco, noch ein Jahr zuvor in Köln ebenfalls den EM-Titel. Die deutschen Junioren haben eine lange Erfolgsserie. Erhöht das den Druck?
„Natürlich spüren wir einen gewissen Druck. Aber das treibt uns auch an. Aber der Ruhm aus vergangenen Tagen bringt uns beim Turnier nichts. Wir sind sehr fokussiert und wissen, dass wir eine Woche voller Arbeit vor uns haben. Jedes Spiel ist das Wichtigste, jeder Punkt ist der Wichtigste und jede Aktion ist die Wichtigste. Wir haben das so heruntergebrochen, damit wir nicht von irgendwelchen Goldmedaillen träumen, bevor wir überhaupt im Finale stehen.“
DFV: Wie sah die Vorbereitung des deutschen Junior Open-Teams zu dem Highlight-Event aus?
„Angefangen haben wir im November letzten Jahres in Heidelberg mit dem Tryout, bei dem wir einen erweiterten Kader benannt haben. Im Februar haben wir uns dann in Beckum getroffen. Hier standen gruppendynamische Aufgaben auf dem Plan und Dirk Besser referierte zu den Themen Fitness und Ernährung. Außerdem stellte sich Jennifer Friedewald vor, die über uns ihre Masterarbeit in Psychologie schreibt und uns die ganze Saison über weiter begleitet. Im März trafen wir uns in Münster, um zum ersten Mal in der WM-Formation zu spielen. Anfang Mai hatten wir eine Art Generalprobe, weil wir uns zum Trainingslager in Ditzingen trafen und drei Tage später bei Tom’s Tourney in Belgien angetreten sind. Dort konnten wir uns gut einspielen, jeder hat gemerkt, wo seine Rolle im Team sein wird und wir haben gesehen, woran wir noch arbeiten müssen. Mit einem 18. Platz unter den besten Europäischen Clubteams konnten wir sehr zufrieden sein. Zuletzt trafen wir uns Anfang Juli in Bad Rappenau. Hier konnten wir noch an den letzten Feinheiten arbeiten. Das Team ist unglaublich heiß und bereit für die WM.“
DFV: Wie würdest Du den Stand des Teams beschreiben, athletisch und taktisch, ggf. im Vergleich zu Vorjahren oder zu anderen Teams?
„Es ist sehr schwer Juniorenteams aus verschiedenen Jahren miteinander zu vergleichen. Verglichen zum vergangenen Jahr haben wir definitiv eine ganz andere taktische Tiefe und sind deutlich variabler durch Mischverteidigungen und situationsbedingte Offense-Spielzüge.“
DFV: Kannst du über den möglichen Turnierverlauf spekulieren, ausgehend von Eurer Vorgruppe mit nur drei Teams? Wie geht es danach weiter?
„Wenn alle Teams so spielen, wie ihr Seeding ist, dann treffen wir nach den Gruppengegnern Neuseeland und Polen auf Japan, Australien und Österreich im Powerpool. Im Viertelfinale würde Frankreich warten und im Halbfinale die USA. Glücklicherweise haben wir einen 3er Pool erwischt, weshalb wir am Dienstag nur ein Spiel bestreiten. Für uns spielt es jedoch keine Rolle, gegen wen wir spielen. Im Juniorenbereich gibt es immer ein paar Teams mit denen man nicht rechnet und deshalb konzentrieren wir uns auf uns und nicht auf den Gegner.“
DFV: Wen würdest Du als stärkste Gegner sehen, natürlich primär die USA und Kanada, und dann Kolumbien, Italien, Großbritannien oder auch andere Länder wie Japan und Australien?
„Bei den USA kann man davon ausgehen, dass sie sehr gute Einzelspieler haben, die allerdings noch nie wirklich miteinander gespielt haben. Das war auch ein Grund, warum sie in Lecco gegen Kanada verloren haben. Neben den oben genannten Teams muss man auch mit Frankreich, Österreich und der Schweiz rechnen. Bei Italien bin ich gespannt, ob sie an die Leistungen des letzten Jahres anknüpfen können. Großbritannien wird auf jeden Fall stärker sein, als ihr Seeding Platz 9, nachdem sie in Lecco die U17 gewonnen haben. Wie stark Australien, Kolumbien und Japan sein werden ist sehr schwer zu sagen, aber sie werden uns sicherlich nichts schenken.“
DFV: Was macht den Unterschied bei den nordamerikanischen Teams, was beim kolumbianischen oder japanischen?
„Die nordamerikanischen Teams können aus einem sehr großen Kreis ihre Spieler auswählen, weshalb sie technisch und athletisch auf einem sehr hohen Niveau agieren. Die Kolumbianer und Japaner fallen vor allem durch ihren kurzen, schnellen Spielstil auf.“
DFV: Wie habt ihr Euch vorbereitet auf die “großen Spiele”, den Umgang mit Sieg und Niederlage, wenn es Spitz auf Knopf stand?
„Wir haben sehr viel Spieler mit internationaler Erfahrung. Alleine die Spieler, die letztes Jahr in der U20 gespielt haben, wissen aus dem Finale, wie es ist mit dem Rücken zur Wand zu stehen. Viele spielen in Erstliga-Mannschaften und haben schon in jungen Jahren auf europäischer Ebene viel erreicht. In der Vorbereitung haben wir mit Jennifer Friedewald sehr viel zu dem Thema mit verschiedensten Methoden gearbeitet.“
DFV: Als wie stark empfindest du die Ausgewogenheit oder Tiefe des Kaders, wenn es im Verlauf des Turniers um die Rotation geht?
„Beim letzten Trainingslager haben mich alle Spieler überzeugt. Bis Samstag sollten alle 100% fit werden und dann haben wir die Tiefe im Kader, um das ganze Turnier die beste Leistung abrufen zu können.“
DFV: Kannst Du einzelne Schlüsselspieler benennen, die eine besondere Bedeutung für die Offense oder die Defense haben? Wenn ja, warum?
„Der erfahrenste Spieler ist mit Sicherheit Jonathan Schall. Er spielt seit 2010 in der Nationalmannschaft und hat letztes Jahr auch schon für die U23 gespielt. Er ist Kapitän der Defense, wo er viel Verantwortung übernimmt und vor allem an der Scheibe die Richtung vorgibt.
John Schäffer ist der zweite Kapitän der Defense. Er ist, was Fitness und Ernährung angeht unser Experte im Team, was er im letzten Jahr schon bewiesen hat, als er keinen einzigen Defense Punkt pausierte.
Jan Schall bringt den Schwung in die Defense Line. Der Bad Skid-Spieler überzeugt durch seine Schnelligkeit und Spritzigkeit. Als Linkshänder ist er eine unberechenbare Waffe in der Offense.
Anton Scheytt ist Kapitän der Mannschaft und spielt in der Offense. Neben seiner Lieblingsbeschäftigung, dem Reden, fällt er vor allem durch seine legendären No Disc Fakes auf und macht die Ansagen in der Offense.
Marc Pritsch ist der zweite Kapitän der Offense. Er springt für Jonas Watzl ein, der sich in der Vorbereitung eine schwerwiegende Kreuzband- und Meniskusverletzung zugezogen hat und leider nicht teilnehmen kann. Alles Gute an dieser Stelle. Marc ist ein sehr ruhiger und kluger Spieler, der viel Übersicht und System ins Spiel bringt.
Malte Spanuth ist beim letzten Trainingslager zur Mannschaft gestoßen. Er war acht Monate in Neuseeland, wo er die nationale Meisterschaft gewonnen hat. Jetzt ist er mit seiner Größe und Athletik als Mainreceiver in der Offense angekommen.
Ich traue allerdings jedem Spieler zu als Schlüsselspieler aufzutreten. In den Jungs steckt unglaublich viel Potenzial und alle sind sehr gut vorbereitet, also kann da viel passieren.“
DFV: Vielen Dank für das Gespräch. Alles Gute, viel Spaß und viel Erfolg in Polen!
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