Jetzt Kraft und Kondition trainieren!

Beitrag 1 von 8 Aktivitäten für Frisbeesport-Athlet*innen, solange wegen Covid-19 kein Sport in der Gruppe möglich ist. – Möglichkeiten des Kraft-, Schnelligkeits-, Ausdauer- und Beweglichkeitstrainings. – Von Torben Hörnschemeyer  #wirbleibenzuhause

Mit den aktuell limitierten Trainingsmöglichkeiten ist es leicht den Kopf in den Sand zu stecken und das Training bis auf ein Minimum herunterzufahren. Dazu besteht aber keine Veranlassung.

Zuerst einmal: Nein, auch wer jetzt vier Wochen lang nicht trainiert, wird danach nicht wieder ganz von vorne anfangen müssen.  Seine Kraft- und Ausdauerfähigkeiten zu verlieren dauert im Abbau ähnlich lange wie im Aufbau – länger als bloß einen Monat. Dennoch bietet die aktuelle Kontakteinschränkungen diverse Möglichkeiten, um sich als Scheibensportler*in fit zu halten oder sogar zu verbessern, anstatt einfach nur zu hoffen, dass es schnell vorbei ist und auf dem Sofa zu liegen. Fünf davon möchte ich euch heute vorstellen:

1. Verletzungen auskurieren und verletzungsresistenter werden

Eine der besten Möglichkeiten sich während der Kontaktverbote als Athlet*in zu verbessern, ist sich um die eigenen Verletzungen und Schwachstellen zu kümmern. Die meisten Athlet*innen haben individuelle Problemzonen, die sie wieder und wieder in ihrem Sport einschränken. Von ständigem Umknicken, muskulären Problemen, Stabilitätsproblemen im Rumpf oder in der Schulter bis zu größeren Verletzungen aus der Saison – fast jeder von euch wird hier sein eigenes Päckchen tragen. Die viele Freizeit, welche die meisten aktuell zur Verfügung haben, ist perfekt um an diesen Schwachstellen zu arbeiten. Stellt euch selbst einen kleinen Zirkel von Reha-Übungen zusammen und absolviert ihn jeden Tag zur selben Zeit. Das hilft dran zu bleiben. Ich zum Beispiel mache das gerne jeden Tag nach dem Frühstück, um direkt aktiv in den Tag zu starten. Für Übungen zu eurer jeweiligen Problemstellung kann ich den Blog „theprehabguys“ empfehlen. Dort findet ihr zu den meisten Verletzungen einen Blogeintrag, der eine geeignete Reha beschreibt.

2. Krafttraining

Natürlich ist es für die meisten nicht möglich das Krafttraining Zuhause exakt so weiterzuführen wie vorher im Fitnessstudio. Besonders hier kann und sollte man kreativ werden. Mögliche Widerstände können Stühle, gefüllte Rucksäcke, Eimer, etc. sein und natürlich das eigene Körpergewicht. Idealerweise besorgt ihr euch zumindest ein Widerstandsband oder sogar ein Set Kurzhanteln bzw. eine Kettlebell für eure Home Gym. Zwar können die Übungen nicht so schwer beladen werden wie im Fitnessstudio, dafür könnt ihr die Geschwindigkeit und Explosivität der Übung maximieren. So setzt ihr einen höheren neuronalen Reiz für das Muskelskelettsystem und verbessert die Muskelansteuerung, was in höherer Kraft und Power resultiert. Ein Klassiker mit dem Körpergewicht ist das Rumpftraining, das sich problemlos von zu Hause durchführen lässt. Rumpftraining wird oft unterschätzt und übergangen, dabei profitieren Scheibensportler*innen enorm von einer starken Körpermitte: Sie gibt Stabilität für alle Arten von Explosivbewegungen, hilft beim Vorbeugen von Verletzungen und macht uns insgesamt leistungsfähiger, da so die Kraftübertragung zwischen den einzelnen Körpersegmenten verbessert wird. In diesem Spreadsheet gibt es eine Menge an möglichen Übungen hierzu.

3. Schnelligkeits- bzw. Explosivitätstraining

Schnelligkeit und Explosivität zu verlieren ist wohl eines der größten Bedenken vieler Sportler*innen. „Wenn ich aus der Isolation rauskomme, bin ich bestimmt unglaublich langsam“. Doch auch Schnelligkeit und Explosivität lassen sich sehr gut beibehalten bzw. sogar verbessern. Es ist zugegebenermaßen schwierig ein vernünftiges Sprinttraining durchzuführen, Sprung- und Landungsübungen sind dafür umso einfacher zu realisieren. Besonders in diesem Bereich ergibt sich jetzt eine hervorragende Gelegenheit, um sich wieder mit den Grundlagen zu beschäftigen und diese zu perfektionieren. Ein Großteil der akuten Verletzungen im Ultimate passieren in der Lande- oder Abstoppphase nach einem Sprung oder Sprint, weil den Athlet*innen Stabilität fehlt, um die wirkenden Kräfte effizient abzufangen. Deshalb empfiehlt es sich beidbeinige und einbeinige Landungen aus verschiedenen Winkeln und Höhen zu trainieren, bevor der Sprung mit trainiert wird.

Für die eigentliche „Sprungkraft“ ist die maximale Intention bei jedem Sprung das Wichtigste. Ihr solltet stets versuchen, eure 100% zu geben. Fordert euch hierzu beispielsweise heraus, indem ihr auf oder über Objekte in eurem Haushalt springt. Achtet dabei auf eure Sicherheit! Das Objekt sollte stabil stehen und ihr solltet euch langsam an eine geeignete Höhe herantasten.

Hat man ein Widerstandsband zu Hause, kann man außerdem auch an seiner Wurfkraft arbeiten: Entscheidend ist hierbei die Rotation des gesamten Körpers und die Kraftübertragung von den Füßen bis in die Wurfhand. Mit einem Widerstandsband lässt sich diese explosive Ganzkörperrotation gut trainieren. Nicht zu vernachlässigen ist aber auch die Stabilitätskomponente bei Rotationsbewegungen, also die Fähigkeit des Körpers einer Rotationskraft zu widerstehen (https://www.youtube.com/watch?v=0DWvZ9SlVto).

4. Ausdauertraining

Sich durch Joggen, Intervallläufe oder Radfahren außerhalb der Wohnung fit zu halten ist weiterhin möglich. Die Ausdauer ohne Hilfsmittel wie Stepper oder Laufband in den eigenen vier Wänden zu trainieren ist da schon schwieriger. Hier geht es besonders darum, die Herzfrequenz für einen längeren Zeitraum zu erhöhen. Dies lässt sich gut durch eine Art Zirkeltraining in Kombination mit den anderen hier genannten Bereichen erreichen. Man kombiniert also Übungen aus den Bereichen Kraft, Explosivkraft, Rumpftraining und der Verletzungsprophylaxe miteinander. Auch Dinge, wie z.B. Joggen im Stand lassen sich hier gut integrieren und heben die Herzfrequenz noch einmal an. Im Internet lassen sich hierzu unter dem Schlagwort „HIIT“ eine Vielzahl von Videos finden. Insgesamt sollte der Puls zwischen 20 und 40 Minuten erhöht gehalten werden. Das Training soll definitiv anstrengend sein und euch fordern, es sollte euch aber dennoch möglich sein währenddessen ein paar Sätze zu sprechen (Stichwort „Laufen ohne Schnaufen“, Puls zwischen ca. 135-150). Es kann sein, dass ihr etwas herumexperimentieren müsst, bis ihr die richtigen Übungen in der richtigen Intensität gefunden habt.

5. Beweglichkeitstraining

Viele Spieler*innen beschweren sich während der Saison häufig oder bemerken zumindest ihre eingeschränkte Beweglichkeit in bestimmten Muskeln und Gelenken. An anderen Stellen ist diese sogar – oft unbewusst – die Ursache von Muskel- oder Gelenkschmerzen an ganz anderen Stellen. Aber viel zu selten wird etwas dagegen unternommen. Ohne den üblichen „Effizienzstress“ des Trainings in der Saison, ist jetzt eine optimale Gelegenheit, um endlich aktiv zu werden und dies zu ändern. Typische Problemstellen sind meist die Fußgelenke, die Beinrückseite und die Brustwirbelsäule. Hierzu lassen sich im Internet eine Vielzahl an Videos finden (z.B. https://www.youtube.com/watch?v=Cyh_kKipJOU).

Auch die Arbeit mit der Blackroll oder einem Lacrosseball kann einen großen Nutzen bringen und schmerzhafte Druckpunkte beseitigen. Stellt euch am besten eine individuelle Routine zusammen, die auf eure Schwachstellen ausgerichtet ist und absolviert diese zwei bis dreimal pro Woche mit zwei bis drei Minuten Haltezeit pro Übung. Anders als in einem klassischen Warm-Up Programm ist das Ziel eure Beweglichkeit nachhaltig zu verbessern. Während dynamisches Dehnen während des Aufwärmens primär einer Mobilisierung dient, ist für eine verbesserte Beweglichkeit statisches Dehnen mit längeren Haltezeiten (>2 Minuten) notwendig. Dies lässt sich sehr gut mit den Übungen aus der Verletzungsprophylaxe kombinieren.

Physische Isolation aufgrund von Covid-19 ist also alles andere als bloßes Aushalten und Abwarten zu Hause. Es gibt unzählige Möglichkeiten, um sich auch im häuslichen Umfeld und mit eingeschränkten Möglichkeiten als Scheibensportler*in und als Athlet*in zu verbessern.

Zum Autoren: Torben Hörnschemeyer war bis Ende 2019 DFV Ultimate-Nationaltrainer U17 männlich sowie deutscher Nationalspieler Open bei der U24-Ultimate WM 2019 in Heidelberg. Er ist Sportstudent an der Deutschen Sporthochschule Köln. Zahlreiche Anregungen bietet sein Youtube-Kanal.